Gestern Abend startete unsere kleine Reise: mit dem Schlafbus Richtung Ninh Binh – einer Region, die oft als das „trockene Halong-Bucht“ bezeichnet wird und für ihre majestätischen Karstlandschaften, stillen Flüsse und die berühmte Bootsroute durch Trang An bekannt ist. Doch bevor wir uns von all der Schönheit verzaubern lassen konnten, stand uns eine etwas andere Nacht bevor…
Schon beim Einstieg begann das Abenteuer. Am Bus angekommen zeigten wir brav unsere Tickets. Der Busfahrer blickte kurz auf den Zettel, dann auf uns – und meinte, Kosi und ich sollten uns ein Abteil teilen. Kurz stockte uns der Atem. Wie bitte? Aber er winkte uns gleich in eine gemeinsame Kabine. „Ihr beide zusammen“, meinte er. Ähm… nein danke?! 😅 Wir hatten schließlich für zwei Personen gezahlt – nicht für eine romantische Nacht auf 90 cm Breite und viel zu wenig “Bettlänge” für uns. Also weigerten wir uns ein Abteil zu teilen. Der Busfahrer verstand erst gar nicht, was unser Problem war, zuckte dann die Schultern und zeigte Kosi einfach kommentarlos einen anderen Schlafplatz. Na also – geht doch. Wäre auch wirklich eng geworden da drin… romantisch ist was anderes.
Die Freude über unsere jeweils eigene Koje hielt genau bis zum Start des Motors – denn der Busfahrer hatte offensichtlich ein inniges Verhältnis zur Zigarette. 🚬 Und zwar nicht draußen, sondern drinnen. Im Bus. Während der Fahrt. Die ohnehin schlechte Luft wurde damit nochmal… sagen wir mal, „aromatischer“. 🌫️ Die Fenster blieben zu und die Klimaanlage kämpfte nutzlos gegen den Gestank.
Kurze Zeit später kam ein Angestellter mit einer Liste durch den Bus. Namen eintragen, bitte. Kosi – effizient wie immer – schrieb einfach zweimal „Unterwaditzer“, weil eben der Nachname gefordert war. Der Mitarbeiter war sichtlich überfordert: „Nein, jeder seinen Namen!“, sagte er. Wir erklärten ihm, dass wir verheiratet sind und denselben Nachnamen tragen – aber die Idee, dass zwei Menschen denselben Nachnamen haben können und das trotzdem korrekt ist, überforderte ihn irgendwie komplett. Es ging ein langes Gespräch hin und her. 🙃 Also trug Kosi einmal „Unterwaditzer“ und einmal „Annalena“ ein. Problem gelöst, er war zufrieden. Bürokratie 1, Logik 0.
Seit 17:30 Uhr saßen wir nun im Bus, und hofften – wie bei der letzten Fahrt – auf eine Toilettenpause gegen 21 Uhr. Vergebens. Denn mittlerweile war es nach 21 Uhr. Stattdessen hielten wir zwar immer wieder kurz an, doch die Türen blieben für uns geschlossen. Nur die Crew stieg aus und lud in aller Seelenruhe Kisten vom Straßenrand ein. Fünf Minuten Stopp, kein Aussteigen erlaubt.
Als um 22 Uhr noch immer keine Pinkelpause in Sicht war, stand eine Touristin auf und ging nach vorne. Der Fahrer zeigte plötzlich stumm nach hinten. Und siehe da – ganz hinten, gut versteckt, kaum zu sehen, stand ein WC! 😳 Hätte man das vielleicht vorher erwähnen können? Anscheinend nicht… aber besser spät als nie. Der Abenteuerbus eben.
Mitten in der Nacht: Chaos im Gang
Die Fahrt war ein ständiges Stop-and-Go. Es wurde einfach nicht ruhiger im Bus. Immer wieder wurden Einheimische unterwegs eingesammelt, auch wenn der Bus längst voll war. Irgendwo! Wir sammelten gefühlt halb Vietnam ein. Viele von ihnen setzten sich einfach in den Gang, auf dem Boden, zwischen unsere Kabinen. Eine Familie machte es sich direkt zwischen unserer Koje gemütlich.
Gegen 2 Uhr morgens gab es wieder einen längeren Stopp – diesmal zum erneuten Einladen von Kisten. Das Personal diskutierte dabei lautstark direkt neben den Schlafenden – an Nachtruhe war nicht zu denken.
Um 3 Uhr wurde ich plötzlich von einem seltsamen Gefühl geweckt: Ich wachte auf, weil plötzlich eine HAND in meiner Koje lag. Ich schreckte hoch, riss den Vorhang auf – und da stand ein Mann, der im Stehen schlief. Seine Hand: in meinem Bett. Direkt vor meinem Gesicht. 😱 Ich war zu müde, um irgendwas zu sagen, aber wach war ich jetzt auf jeden Fall.
Ach ja – das schreiende Baby ab 3 Uhr dürfen wir auch nicht vergessen. Nonstop-Gebrüll, gefühlt in Endlosschleife. Die Busfahrer brüllten zwischendurch übrigens auch durch den Bus – warum, weiß keiner. Vielleicht um das Baby zu übertönen? Vielleicht auch einfach so. Viel geschlafen wurde jedenfalls nicht. 😅
Gegen 6 Uhr kam der Bus wieder zum Stillstand. Ich drehte mich zu Kosi: „Wir sind da., glaube ich“ Doch er schüttelte nur den Kopf: „Nein, dann hätte uns doch jemand geweckt.“ Logisch, dachte ich auch. Denn schließlich wurde beim Einsteigen genau gefragt, wo jeder von uns aussteigen wird.
Kosi stieg dennoch zur Sicherheit aus und fragte einen Taxifahrer, wo wir gerade seien. Die Antwort: Ninh Binh. Ja, richtig gelesen – unser Ziel war erreicht, doch kein Wort vom Busfahrer - einfach angekommen, ohne Das uns jemand Bescheid gesagt hätte. Großes Dankeschön hiermit an unseren Busfahrer!
Also schnappten wir unsere Rucksäcke und marschierten los – 20 Minuten zu Fuß in der Morgensonne ☀️, durchgeschwitzt und schlaflos, auf der Suche nach einem Frühstück. Und die Lokale? Natürlich noch geschlossen um kurz vor 7 Uhr. Wir kurz vorm Nervenzusammenbruch. Also bestellten wir ein Taxi für 2 € zu einem Café. Dort endlich: Kaffee! ☕ Und dazu… „Halo-Halo“. Eigentlich wollten wir einen Smoothie, aber bekamen eine kalte, bunte, süß-klebrige Komposition mit Bohnen, Eis und irgendwas Komischem. Geschmacklich… nennen wir es „interessant“.
Danach gönnten wir uns noch ein Taxi zur Unterkunft (wieder 2 €, Schnäppchen des Tages!) und konnten dort sogar schon um 8:30 Uhr einchecken. Wieder um 2€. Halleluja! (Heute ist unser 2€ Tag) Kosi fiel sofort ins Bett und schlief bis 10, ich war zu überdreht und schaute irgendwas auf dem iPad, um etwas abzuschalten.
Jetzt, nach diesem Wahnsinnstrip, freuen wir uns auf die Schönheit von Ninh Binh – und das meint man hier nicht nur so daher. Die Landschaft ist wirklich atemberaubend: grüne Reisfelder, bizarre Felsformationen, stille Tempel und ruhige Wasserwege. Besonders bekannt ist die Gegend für Trang An, wo man in kleinen Ruderbooten durch Höhlen und unter Felsbögen hindurchgleitet. Ein Ort, der so friedlich wirkt, dass man kaum glauben kann, dass er nur ein paar Stunden Schlafbus entfernt liegt… 🌿🚣♀️
…so ging’s also weiter – denn wer nach einer schlaflosen Nacht denkt: „Heute mal langsam angehen“, kennt uns nicht besonders gut 😄
Irgendwann wurde mir im Bett dann einfach zu fad. Ich lag da, scrollte ziellos auf dem iPad herum und dachte mir: Na gut, jetzt reicht’s mit Rumliegen. Also weckte ich Kosi, der gerade herrlich friedlich schlummerte, und schlug eine kleine Radtour vor. „Nur ein bisschen die Gegend erkunden, frische Luft, du weißt schon.“ Er schaute mich erstmal müde an – aber ließ sich dann doch überreden. 💪🏼
Unsere Unterkunft stellte uns zwei Fahrräder zur Verfügung. Also... „Fahrräder“ ist vielleicht etwas großzügig formuliert. 🫣 Die Dinger waren eine Erinnerung an eine längst vergangene Zeit: völlig verrostet, alles quietschte und wackelte, der Sattel fühlte sich an wie ein mittelalterliches Gestell und Gänge? Es gab exakt einen – und der funktionierte nur, wenn man’s nicht eilig hatte. 🚲💀
Aber was soll’s – Abenteuergeist an, und los ging’s. Und was soll ich sagen:
Die Landschaft war wirklich traumhaft. Überall grüne Felder, Karsthügel, kleine Seen, Wasserbüffel am Straßenrand. Es hatte etwas Meditatives, durch diese fast surreal schöne Kulisse zu radeln. Ninh Binh wird oft als das „trockene Halong-Bucht“ bezeichnet – und spätestens heute verstanden wir, warum. Diese majestätischen Kalksteinfelsen, die einfach mitten aus der Ebene aufragen, wirken fast wie gemalt. 🌄
Allerdings… gab es auch eine Kehrseite. Viel Müll lag am Wegesrand, teils ganze Müllhaufen direkt neben den Feldern. 😞 Und sobald wir uns weiter von Ninh Binh und Trang An entfernten, wurde es schnell… leer. Richtig leer. Keine Menschen, keine geöffneten Läden, keine Bewegung. Ganze Straßenzüge wirkten wie ausgestorben – wie in einem schlechten Film.
Irgendwann waren wir so durstig, dass wir sogar überlegten, einfach bei einem versperrten Geschäft, zwei Wasserflaschen rauszunehmen und Geld dort zu lassen. Wir wollten einfach nur was zu Trinken. Über eine Stunde irrten wir durch die Straßen, vorbei an geschlossenen Türen, heruntergelassenen Rollläden und völlig leeren Gassen. 😓 Endlich, ENDLICH fanden wir ein kleines Kiosk-ähnliches Etwas – und bekamen... Wasser. Kein prickelndes, kein Kokoswasser. Einfach: Wasser. Aber noch nie war stilles Wasser so willkommen.
Mit letzten Kräften traten wir in die Pedale zurück Richtung Unterkunft. Und da, wie eine Fata Morgana am Horizont, tauchten plötzlich wieder Menschen auf. Direkt am Fluss, in der Nähe von Trang An, fanden wir endlich ein paar geöffnete Restaurants – direkt am Ufer, mit Blick auf das spiegelnde Wasser und die Felsformationen im Hintergrund. 🌊⛰️ Wir setzten uns um 15 Uhr in ein Restaurant, fix und fertig, aber auch total glücklich über das, was wir heute gesehen hatten. Das Essen war gut, vielleicht auch einfach deshalb, weil unser Körper alles dankend angenommen.
Gegen 17 Uhr rollten wir wieder in der Unterkunft ein. Die Räder gaben ein letztes Knarzen von sich – so wie wir – und wir schleppten uns aufs Zimmer. Jetzt heißt es: Füße hoch, Augen zu, Körper runterfahren. 😴
Nun noch kurz ein paar Fakten für euch:
- Ninh Binh war einst die Hauptstadt Vietnams, weil die umgebenden Berge als natürliche Schutzwand dienten
- Trang An ist der Drehort von “Kong: Skull Island” (King Kong)
- Der berühmte Fluss, durch den man bei der Bootstour gleitet, ist gesäumt von über 30 Höhlen, die man mit dem Boot durchfährt – einige nur 2 Meter hoch!
- In Ninh Binh gibt es einen Tempel, der einer Ziege gewidmet ist. Warum? Weil Ziegen hier als kluge, genügsame und starke Tiere gelten – und weil man sie sowieso überall sieht (lebendig oder als Spezialität auf dem Teller). 🐐
- Apropos Spezialität: Das lokale Gericht "De Nui" ist gebratenes Ziegenfleisch, oft mit Kräutern und Limette serviert. Schmeckt besser als es klingt - haben wir zumindest gehört.
- Die vietnamesischen Ruderer*innen in Trang An rudern übrigens oft mit den Füßen – kein Witz! Dabei lehnen sie sich entspannt zurück und benutzen ihre Beine, um das Ruder zu bedienen. Sieht verrückt aus, ist aber extrem effizient – und macht ziemlich Eindruck. 🦶🚣♂️
Morgen wird's wieder früh – aber Kosi weiß noch nichts von seinem Glück. Ich plane da was… ein bisschen früh raus, ein bisschen Natur, ein bisschen „Überraschung!“. Wenn’s sich auszahlt, werden wir uns sehr freuen. Wenn nicht – tja, dann könnte jemand von uns beiden etwas beleidigt sein, vor allem wenn der Schönheitsschlaf mal wieder zu kurz kommt. 😬 Aber – Risiko gehe ich ein.
Bis morgen – hoffentlich mit ausgeschlafenen Gesichtern und weniger verrosteten Fahrrädern 🚴♀️🥴🌞
Bussi Baba,
Kosanni
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