Ich hab so schlecht geschlafen. Richtig mies. Die Hitze, die Luft – dick, heiß und schwer – und dann noch der Lärm: Bis 3 Uhr morgens wurde direkt vor unserer Tür gehupt, gerufen, geredet, diskutiert... Ich weiß nicht, ob es ein einfach nur der ganz normale Wahnsinn war oder ein Samstagabend. Aber ans Schlafen war nicht wirklich zu denken.
Kaum eingenickt, war ich um 4:40 Uhr auch schon wieder wach. Die Zeitumstellung lässt grüßen – und ja, ich finde 2–3 Stunden Unterschied viel anstrengender als 6–8. Keine Ahnung warum, aber mein Körper ist da irgendwie empfindlich.
Um 7 Uhr ist dann auch Kosi aufgewacht (endlich!) – wir beide ziemlich übermüdet, aber: Der Hunger hat gerufen. Frühstück musste her!
Da wir gestern einfach keinen Supermarkt gefunden hatten (und auch das Frühstück im Hotel – zwei labbrige Toasts mit irgendeiner Art von "Marmelade" – nicht wirklich einladend war), haben wir beschlossen, zurück zum Starbucks zu gehen, den wir gestern entdeckt hatten. Notlösung deluxe, aber immerhin: Kaffee.
Etwa 30 Minuten Fußmarsch später saßen wir dann auch endlich dort – und wurden positiv überrascht! Es gab sogar zwei Joghurtbowls (ja, mit frischem Obst!) und eine echt große Auswahl an vegetarischem Essen. Generell: Das vegetarische Angebot hier ist wirklich beeindruckend. Man merkt, wie stark vegetarische Ernährung hier kulturell verankert ist – ein echter Pluspunkt für uns!
Was mich allerdings weniger begeistert: das Starren. Beim Frühstück kamen immer wieder Einheimische herein, machten (mal mehr, mal weniger unauffällig) Fotos von uns oder schauten einfach sehr intensiv. Ich würde jetzt gerne sagen: "Man gewöhnt sich dran." Aber ehrlich gesagt – nein, nicht wirklich. Es ist schon irgendwie unangenehm, vor allem, wenn es dann im Laufe des Tages noch mehr wird...
Los gings:
Nach dem Frühstück sind wir entlang der Marina Bay spaziert – also der Strandpromenade. Es war schön, viele Einheimische zu sehen, die spielten, badeten oder einfach am Strand saßen. Diese Momente wirken so entspannt und herzlich – Kinder, die Fangen spielen, Großfamilien mit Essen... Aber gleichzeitig fällt auch der Müll auf. Viel Müll. Leider. Seht euch das Foto an – das Meer kann so schön sein und gleichzeitig ist da dieser ganze Abfall, der überall liegt. Echt schade. Versteh das nicht, warum dort niemand sauber macht. Teilweise fahren die Einheimischen sogar extra zum Meer, um dort ihren Müll aus dem Auto in das Wasser zu werfen!
Und das Starren wurde immer intensiver. Teilweise blieben Menschen stehen, wechselten gezielt die Richtung, nur um uns noch länger anzusehen – oder gingen einfach direkt neben uns und starrten uns minutenlang von der Seite an. Es ist schwierig, sich da wohlzufühlen, obwohl uns bewusst ist, dass wir hier auffallen. Ich trug extra schon meine dunkle Sonnenbrille, damit meine blauen Augen nicht noch mehr auffielen.
Gegen Mittag ging es dann für uns zu einem Treffpunkt – gestern Abend hatten wir spontan noch eine geführte Spaziertour mit einem Einheimischen gebucht, um das "wahre Mumbai" kennenzulernen. Treffpunkt: Burger King beim Stadion (Klassiker!).
Und was macht Kosi? Nutzt natürlich gleich die Gelegenheit und bestellt sich mehrere vegetarische Burger – für knapp 3 € – und gleich zwei Eis dazu. Ich mein, bei DEM Preis? Gönnung.
Zugfahren in Mumbai:
Dann ging unsere Tour auch schon los – gemeinsam mit einem unglaublich süßen, älteren australischen Ehepaar (80 und 82 Jahre alt!). Die beiden waren einfach herzerwärmend. Seit 1996 sind sie ein Paar, haben vier Kinder – und wirken, als wären sie frisch verliebt. So schön mitanzusehen! Vor etwa zehn Jahren haben sie begonnen zu reisen – und sind seither auf der ganzen Welt unterwegs. Teilweise sogar mehrere Jahre am Stück. Dann kommen sie kurz heim, schauen nach dem Rechten, und zack – geht’s wieder los. Richtig inspirierend!
Mit den beiden und unserem lokalen Guide machten wir uns also auf den Weg zum Bahnhof. Erster Stopp: der Zug.
Unser Guide erklärte uns unterwegs viel über den öffentlichen Nahverkehr hier – und ehrlich: Das war krass. In der Rush Hour sind die Züge eine Katastrophe. Menschenmassen ohne Ende. Die Türen der Züge? Immer offen. Schließlich bleibt der Zug oft nur 20 Sekunden am Bahnhof stehen und hätte er Türen, dann müsste er längere Pausen machen. Also einfach mal alles offen lassen, damit man schneller rein und rauskommt. Es wird gedrängelt, geschoben, man hängt wortwörtlich draußen und hält sich an allem fest, was man erwischen kann. Platz? Kaum. Und dann erzählt er uns: 2–3 Menschen sterben täglich, weil sie während der Fahrt aus dem Zug fallen. Täglich! Kann man sich das vorstellen?? Wir nicht!
Er sagte diesen Satz ganz ruhig:
„It’s like a war – family doesn’t know if you come home alive.“ also: Es ist wie im Krieg - die Familie weiß nie, ob man von der Arbeit wieder nachhause kommt.
Das hat mich wirklich kurz sprachlos gemacht. Man überlegt sich das zweimal, wenn man das nächste Mal über vollen Berufsverkehr zuhause schimpfen will. Hier kämpfen Menschen jeden Tag wortwörtlich ums Überleben – auf dem Arbeitsweg.
Ein bisschen Struktur gibt es zum Glück trotzdem: In der Früh fahren eigene Frauenzüge. Und auch außerhalb der Stoßzeiten gibt es spezielle Frauenwaggons. Zusätzlich gibt’s eigene Abteile für Schwangere oder KrebspatientInnen. Ich finde das eigentlich richtig gut gelöst – sicherer Raum für Menschen, die mehr Schutz, Hygiene oder Ruhe brauchen. Einfache Idee mit einer großen Wirkung.
Im Zug passierte dann etwas, das wir so noch nie erlebt hatten: Eine ganz besonders gekleidete Person kam durch die Gänge – mit kraftvollem Blick, buntem Sari, ganz viel Selbstbewusstsein. Eine Transgender-Frau.
Unser Guide erklärte uns ihre Rolle in der indischen Gesellschaft: Sie sind nicht einfach „nur“ Teil der Gesellschaft – sie haben eine spirituelle Bedeutung. Sie gehen durch Züge, sind anwesend bei Festen und besonderen Lebensmomenten, um Glück und Segen zu bringen. Wenn man ihnen Geld gibt, bekommt man einen Segen. Und bei Geburten werden sie sogar nach Hause geholt, um das Neugeborene zu segnen – für Gesundheit, Glück, ein gutes Leben. Auch bei Hochzeiten spielt ihre Anwesenheit eine wichtige Rolle. Sie tanzen, singen, spenden Freude – eine Art lebendiger Glücksbringer.
Ich fand das faszinierend. Diese Mischung aus Respekt, Tradition und auch ein bisschen Mystik. Natürlich gibt es, wie überall, auch viele gesellschaftliche Spannungen rund ums Thema Gender, aber dieser Aspekt war einfach besonders. Es war ein Moment, in den ich erkannte: Reisen ist nicht nur sehen, sondern auch verstehen.
Ankunft in Dharavi:
Als wir aus dem Zug ausstiegen, standen wir plötzlich mittendrin – im Slum. Es gab keine „langsame Einführung“. Man ist einfach plötzlich da. Dharavi – einer der bekanntesten und zugleich größten Slums Asiens bzw. der Welt. Fast eine Stadt in der Stadt. Und doch ein Ort, den man sich in seiner Realität kaum vorstellen kann, wenn man ihn nicht selbst gesehen hat.
Auf einer Fläche von gerade einmal rund 2,1 Quadratkilometern leben schätzungsweise 700.000 bis über 1 Million Menschen – die Zahlen variieren, weil es keine offiziellen Statistiken gibt. Damit gehört Dharavi auch zu den am dichtesten besiedelten Orten der Welt. Laut unserem Guide sind es mindestens das doppelte an Menschen die dort wohnen.
Trotz der extremen Armut ist Dharavi weit mehr als nur ein Wohnviertel. Es ist ein Ort der Selbstorganisation und des Überlebens, aber auch ein echter Wirtschaftsmotor. Über 10.000 Kleinbetriebe sind hier aktiv – viele davon in Hinterhöfen, auf Dächern oder in kleinen Werkstätten. Hier wird Plastik recycelt, Leder verarbeitet, Seifenreste aus Hotels eingeschmolzen und wiederverwertet, Textilien genäht (früher sogar Marken wie Levi’s), Tonwaren hergestellt und vieles mehr. Der geschätzte Jahresumsatz liegt bei über 1 Milliarde US-Dollar – und das mitten in einem Slum.
Übrigens wurde Dharavi durch den Film „Slumdog Millionaire“ (2008) weltweit bekannt – doch was man im Film sieht, kratzt nur an der Oberfläche. In Wahrheit ist Dharavi viel komplexer.
Was ich so arg finde: Es gibt etwa 1 Toilette pro 1000 BewohnerInnen. Auf Grund der offenen Abwässer, verschmutzten Luft und mangelnden Hygiene gibt es häufig Krankheiten wie Tuberkulose und Thypus.
Dharavi wird grob in verschiedene Bereiche aufgeteilt:
Zuerst kommt das Arbeiterviertel, dann das Wohngebiet, und weiter hinten gibt es ein kleines Verkaufs- und Handelsviertel.
Im Arbeiterviertel darf man noch Fotos machen – teilweise ist es sogar ausdrücklich erlaubt oder erwünscht, um Aufmerksamkeit auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu lenken. Und die sind… ehrlich gesagt erschütternd. Alles ist dreckig, es stinkt, es ist laut. Die Männer arbeiten hart – 8 bis 10 Stunden pro Tag – für gerade mal 300 Rupien. Das sind ungefähr 3 Euro pro Tag.
Will jemand eine eigene kleine Wohnung im Slum haben, müsste er rund 100 Euro Miete pro Monat zahlen – aber die meisten verdienen gerade mal 90 Euro. Deshalb schlafen viele Männer einfach in der Fabrik auf dem Boden, wo sie arbeiten. Für Arbeiter: Kostenlos. Ein Deal, der das Minimum an Leben ermöglicht – wenn man das überhaupt so nennen kann.
Und gearbeitet wird dort fast alles:
Plastikrecycling, Seifenproduktion, Textilverarbeitung. Man glaubt es kaum: Sogar Hotel-Seifenreste landen hier und werden eingeschmolzen, neu geformt, wiederverwertet. Es wird nichts weggeworfen – alles bekommt ein zweites Leben. Früher wurden hier sogar Markenjeans hergestellt, zum Beispiel Levi’s. Heute sind es eher No-Name-Produkte, aber die Menge und Vielfalt der Produktion ist enorm.
Die Arbeiter haben auch eine rudimentäre „Versorgung“ vor Ort: Essen gibt’s für 1–2 Euro am Tag, oder als monatliches Abo für etwa 25 Euro. Für Schüler gibt es sogar kostenloses Essen – und ein gratis Fahrrad, wenn sie mehr als 2 km von der Schule entfernt wohnen.
In der Schule ist übrigens Englisch Pflichtfach – denn das ist der Schlüssel, um aus Dharavi herauszukommen. Bildung ist das, worauf viele setzen. Und obwohl die Chancen gering sind, halten viele an diesem Traum fest.
Dann kamen wir zum Wohngebiet – und das war noch einmal eine ganz andere Dimension.
Kleine, enge, dunkle Räume. Manche Zimmer hatten vielleicht 10 Quadratmeter – in denen dann 10–15 Menschen leben. Kein Licht, keine Fenster, keine Ventilatoren. Keine Türen – nur ein Tuch als Sichtschutz. Es war stickig, heiß, eng. Ich konnte teilweise kaum atmen, so schlecht war die Luft.
Zwischen all dem: Ratten, Ziegen, Katzen, Hunde. Alles lebt durcheinander.
Auf den Wegen: Kacke, Müll, Schlamm. Alles klebt, riecht, bleibt haften – im Geruch, im Blick, in der Erinnerung.
Trotzdem: Dann kamen wir zu einem kleinen Spielplatz. Und das hat mich wieder komplett rausgerissen aus meinem Denken.
Dieser Spielplatz war früher eine Müllhalde. Heute spielen hier Kinder – auf dem Müll, zwischen alten Plastikteilen, zerbrochenem Beton und Schutt. Und trotzdem: Sie lachen, rennen, freuen sich. Mehrmals kamen Kinder zu uns, klatschten mit uns ab, gaben uns die Hand, fragten, woher wir kommen.
Wie viel Lebensfreude in so einem Umfeld möglich ist – das hat mich völlig umgehauen.
Kaum verließen wir den Slum, war alles wieder „normal“ – zumindest in Mumbai-Maßstäben. Der Verkehr tobte wieder: Mopeds, Fahrräder, Gehupe ohne Ende. Alles rattert, alles bewegt sich.
Unser Guide erzählte uns dann noch etwas, das mich nachdenklich gemacht hat:
Einige schaffen es tatsächlich, aus dem Slum rauszukommen. Sie finden bessere Jobs, ziehen in saubere Wohnungen. Aber viele kehren irgendwann wieder zurück. Warum?
Weil sie sich draußen nicht sicher oder nicht zugehörig fühlen. Kein vertrautes Gesicht, keine gewohnte Routine. Dharavi ist hart, aber es ist ihr Zuhause. Dort haben sie ihre Familie, ihre Freunde, ihre Sprache, ihre Struktur.
Und so bleibt Dharavi für viele ein ewiger Kreislauf: Armut, Arbeit, Überleben – aber auch Gemeinschaft, Zusammenhalt und eine gewisse Form von Sicherheit im Chaos.
Dadar Flower Market:
Von Dharavi ging’s im Anschluss direkt weiter – ab Richtung Flower Market in Dadar. Hier im Gewimmel erwartete uns ein gänzlich anderes Mumbai:
Unser Guide erklärte, dass der Markt täglich gegen 4 Uhr morgens öffnet, was kein Scherz ist – Taschenlampen und Handylichter zieren die Stände beim Aufbau. Um 5 Uhr herrscht dann die maximale Betriebsamkeit – alle wollen die frischesten Blumen haben. Kein Wunder: der Markt erstreckt sich über etwa 1 km entlang der Bahnlinie.
Täglich werden 80 % der Blumen verkauft – überwiegend für Zeremonien, Gebete oder Gedenkveranstaltungen . Rosen, Chrysanthemen, Lilien, Nelken, Orchideen und Lotus – die Auswahl war überwältigend. Besonders eindrucksvoll: riesige Berglandschaften aus Marigolds und Jasmin-Garlands, die in tempelähnlichen Farben leuchten.
Laut Marktinfo werden viele Blumen aus Pune und anderen Regionen herangeschafft – teilweise vorkonditioniert für Tempel, Hochzeiten, politische Anlässe . Und die Frauenpower? Krank. Aber echt stark: viele florale Händlerinnen verdienen ihr Geld mit unglaublichem Durchhaltevermögen und handwerklicher Präzision .
Während überall anders nur Männer arbeiten, sah man hier zum ersten Mal nur Frauen am Straßenrand sitzen.
Dhobi Ghat
Nach dem Blumenmeer ging es weiter – diesmal zum berühmten Dhobi Ghat, dem riesigen offenen Waschsalon in Mumbai. Unterwegs mit dem Taxi stieg plötzlich ein Einheimischer zu – einfach so. Er wollte unbedingt mitfahren, berührte uns alle kurz zur Begrüßung und strahlte, dass er dabei sein darf. Ein eigener Typ, aber irgendwie charmant.
Er wurde leicht grantig, als er dann doch die Taxikosten selbst zahlen musste – denn sein Plan war, nur wegen uns mitzufahren und direkt wieder zurückzukehren.
Und dann standen wir mitten im Dhobi Ghat – dem größten offenen Waschsalon der Welt, wie er gilt. Alles Stein-Waschbecken, Seifenlauge, dampfende Bottiche und Männer in endloser Reihenfolge bei der Arbeit – weniger Frauen, dafür fast ausnahmslos Männer. Ganz klar: Frauen sieht man auf den Straßen oder hier kaum – unser Guide meinte: die bleiben zuhause.
Unser Guide führte uns durch den Komplex, und — ehrlicherweise – es war erschreckend. Tausende Wäscheberge, meterweise Leinen, und überall wuseln die Men at work: Waschen, Kneten, Schrubben, Aufhängen. Maschinen gäbe es nur bei einigen wohlhabenderen Betrieben bzw. Hatten sie einige dort, aber Handwäsche gilt als gründlicher – sagt man halt.
Die Kleidung wird nicht mit Kleiderbügeln aufgehängt, sondern klassisch: zwischen zwei Seilen – schneller, praktischer, bewährter.
Hinterher sahen wir eine Art Sterilisationsstation für die Krankenhauskleidung: zwei riesige Behälter, darunter Feuer – Wasser wird aufgeheizt, um insbesondere Krankenhaus- oder Krankenhauswäsche sauber und desinfiziert zu kriegen.
Über 7.000 Dhobis schuften täglich 18 bis 20 Stunden, wobei sie über 100.000 Kleidungsstücke täglich waschen, bleichen, trocknen und bügeln. Alles folgt einem System: jedes Teil bekommt einen Identifikationscode, damit es wieder zum richtigen Besitzer kommt… unfassbar.
Die Jahresumsätze? Etwa 100 Crore Rupien – das sind rund 1 Milliarde INR oder ca. 10 Millionen Euro.
Die Kunden? Vorwiegend Hotels, Krankenhäuser, Caterer, Hochzeitdekorateure oder lokale Wäschereien.
Viele Dhobi-Familien wohnen direkt vor Ort – etwa 200 Familien, die diesen Beruf über Generationen weitergeben. Manche schlafen zwischen den Waschplattformen – eine Mischung aus Arbeit, Wohnen, Leben – alles ineinander verschränkt.
Während der Tour sahen wir Männer, die schliefen, andere nahmen gerade ein Bad in improvisierten Duschen, wieder andere "schlugen" angelieferte Wäsche auf den Waschstein. Alles vibrierte vor Leben und Geruch von Seife, Soda, heißem Wasser und harter Arbeit.
Fakten zur Abkürzung – Dhobi Ghat kompakt:
- Gegründet: 1890 während der Kolonialzeit
- Rekord: Weltgrößte Freiluftwäsche, Guinness-Weltrekord 2011 – 496 Menschen wuschen bzw. arbeiteten dort gleichzeitig
- Tägliche Leistung: Über 100.000 Kleidungsstücke, mehr als 5.000–7.000 Dhobis, 18–20 h täglich
- Organisation: Vereinsstruktur (Kooperative); jedes Kleidungsstück markiert für zuverlässige Rückgabe
Nach intensiver Tour durch Dhobi Ghat nahmen wir wieder ein Taxi zum Ausgangspunkt. Wir waren gegen 16 Uhr völlig erledigt – zu viele Eindrücke, zu viel für einen Tag.
Also entschieden wir uns, in die City Center Mall zu fahren – nicht für Shopping, sondern eher, um Frühstück für morgen zu holen – und vielleicht ein kleines Abendessen.
Wir haben nämlich extra unseren Guide gefragt, ob es hier Supermärkte oder ähnliches gibt, dieser meinte nur: Es gibt “Window - Märkte” also Fenstermärkte. Wenn man was braucht, klopft man an und bekommt das vom Stand gegenüber. Supermärkte brauchen sie hier nicht, denn schließlich gehen sie immer essen. Wir befinden uns in einem Arbeiterviertel und da kocht niemand selbst. Aber er empfahl uns, wenn wir einen größeren Supermarkt brauchen, zur City Center Mall zu fahren. Gesagt - getan.
Wir hatten einen Taxi-Fahrer, der für nur 1 € losfuhr – die Info über da Einkaufszentrum klang gut, war aber ein totaler Fehlgriff. Das Einkaufszentrum war quasi ausgestorben: nur zwei oder drei Shops offen, die undefinierbaren Krempel verkauften. Sah eher so aus wie Handys und etwas alte Kleidung. Also kein Supermarkt für uns
Wir entschieden uns daher, wieder zurück in die Unterkunft zu gehen.
Unterwegs entdeckten wir ein scheinbar nettes Restaurant – sah wirklich einladend aus. Doch die Entspannung war uns nicht gegönnt: Die Gäste und Kellner starrten mich die ganze Zeit an. Wieder. Dieses Starren... Ich konnte einfach nicht zur Ruhe kommen. Wir aßen schnell und gingen dann wieder weiter. Eines muss ich sagen, das Essen ist super und so günstig. Für zwei Currys, vier Rotti und Reis bezahlten wir knappe 5€.
Zurück im Zimmer versuchten wir, all das zu verarbeiten. Die Eindrücke des Tages hingen uns nach – körperlich wie emotional. Ich fühlte mich gleichzeitig erschöpft, berührt und überfordert.
Mumbai zeigt einem in wenigen Stunden mehr Gegensätze, als viele Städte in Wochen. Und Dharavi? Das war kein „Ort“, den man einfach besucht. Ich ging mit großer Bewunderung für die Menschen dort durch.
Was mich besonders beschäftigt: Dieser krasse Kontrast. Auf der einen Seite Massenproduktion, Milliardenumsätze, Gemeinschaft und Lebensfreude – und auf der anderen Seite Armut, Gestank, Enge und gesundheitliche Risiken, die man sich kaum vorstellen kann.
Bussi Baba,
Kosanni
Kommentar hinzufügen
Kommentare