Heute startete der Tag… na ja, etwas anders als geplant. Ich hatte gestern Abend versehentlich den Wecker viel zu laut gestellt. Und das merkten wir um Punkt 7 Uhr, als er uns mit voller Wucht aus dem Schlaf riss. Ich bin vor Schreck förmlich aus dem Bett gesprungen – Herzklopfen inklusive – während Kosi seelenruhig weiter schlief, als wäre nichts gewesen.
Eigentlich wollten wir heute früh los, denn unser Plan war ziemlich ehrgeizig: eine längere Route, etwa drei Stunden Autofahrt in eine Richtung, um zu einem der bekanntesten Wadis zum Baden und Wandern zu fahren.
Doch kaum war ich wach, meldete sich mein Bauch – und zwar mit Schmerzen. Damit war klar: Der Plan musste geändert werden. Baden fiel also sprichwörtlich ins Wasser.
Wir beschlossen, das große Abenteuer auf ein anderes Mal zu verschieben und suchten nach einer Alternative. Nach ein paar Minuten Googeln fanden wir tatsächlich etwas Passendes: eine kleine Wanderung in der Nähe. Laut Internetbericht sollte dort kaum jemand unterwegs sein – keine Einheimischen, keine Touristen – genau das, was wir wollten.
Da es heute wieder brutal heiß werden sollte, zogen wir unter unseren langen Kleidern ausnahmsweise kurze Sportklamotten an. Schließlich wollte keiner von uns bei 35 Grad in langen Ärmeln und Hosen zusammenklappen.
Nach einer kurzen Packrunde stiegen wir ins Auto.
Der erste Stopp: Tankstelle. Für 17 € tankten wir das Auto voll (ja! so günstig ist einmal volltanken) dann ging’s weiter. Nach etwa zehn Minuten der nächste Zwischenhalt – ich musste dringend auf die Toilette. Kosi musste schon machen, denn weit waren wir nicht gekommen. Danach lagen nur noch 15 Minuten Fahrt vor uns… dachten wir zumindest.
Wir fanden die Straße nicht. Drei Mal bogen wir falsch ab und drehten wieder um. Schließlich entdeckten wir den Fehler: Zwischen zwei asphaltierten Abzweigungen gab es eine nicht asphaltierte Straße, die auf den ersten Blick gar nicht wie eine aussah – aber genau das war unser Weg. Also nochmal umdrehen und diesmal mutig auf dem Schotterweg entlang. Es ging auf und ab, aber man konnte mit unseren Luzifer gut fahren.
Nach rund 15 Minuten kamen wir endlich am Ziel an – mitten im Nirgendwo. Kein Mensch, kein Geräusch, nichts. Wir parkten das Auto, zogen unsere langen Sachen aus, behielten aber zunächst ein langes T-Shirt an. Nur die Hosen wurden kurz. Und dann ging’s los. Ahh nein, davor musste ich nochmal aufs Klo und dann gings los. Kosi jammert dann schon immer, aber ich trinke in der früh immer so viel Wasser, dass der Vormittag fast ausschließlich mit Toilettengängen gefüllt ist.
Dann spzierten wir wirklich los.
Die ersten 200 Meter führten über steinige Wege den Berg hinauf und dann begann plötzlich eine richtige „Treppe“ – in den Fels geschlagen, Stufe für Stufe. Zuerst dachten wir: „Cool!“ Doch als wir sahen, dass noch 600 Stufen vor uns lagen, war die Motivation kurz im Keller. Ich wickelte mir mein T-Shirt um den Kopf, um mich vor der gnadenlosen Sonne zu schützen – die brannte heute ohne Gnade herunter. Und musste somit im Sport BH weitergehen. Aber wir waren ja auch am Berg und außer uns war nichts zu sehen.
Die ersten hundert Stufen gingen noch halbwegs. Dann wurde es immer schlimmer. Die Hitze stand zwischen den Felsen, kein Schatten, keine Brise. Wir kämpften uns Schritt für Schritt nach oben, mit regelmäßigen Trinkpausen, die wir dringend brauchten.
Zwischendurch meinte Kosi mehrmals, dass ihm schlecht sei – aber wir gaben nicht auf. Zum Schluss krochen wir fast auf allen vieren die letzten Meter hinauf. Und als wir endlich die letzte Stufe erreicht hatten, kam der Schock: Es ging noch weiter! Zum Glück nur noch zehn Minuten, aber das fühlte sich wie eine Ewigkeit an.
Oben angekommen, völlig verschwitzt, mit hochroten Köpfen, setzten wir uns erst einmal hin und schnappten nach Luft. Nur Frida, die kleine Schlafmütze, hatte die ganze Tour gemütlich im Rucksack verschlafen – kein Tropfen Schweiß, keine Anstrengung. Die hatte es gemütlich.
Als wir endlich wieder zu Kräften kamen, blickten wir uns um – und die Aussicht war einfach traumhaft. Weit und breit keine Menschenseele, kein Geräusch außer dem Wind. Unser Auto stand winzig klein irgendwo ganz unten, weit entfernt. Und die Häuser sahen so surreal aus. Alles wirkt hier wie gemalen.
Nach einer kurzen Pause band sich auch Kosi sein Shirt über den Kopf. Normalerweise lästern wir ja immer ein bisschen über Touristen, die zu freizügig herumlaufen – aber heute war das eindeutig die bessere Option, bevor wir einen Hitzekollaps riskieren. Und da außer ein paar Ziegen sowieso niemand in der Nähe war, war das völlig egal. Wir tränkten die Shirts mit Wasser, damit sie die Köpfe etwas kühlen.
Der Abstieg war dann allerdings anstrengender als gedacht. Es war rutschig, unsere Knie meldeten sich lautstark und jeder Schritt musste gut überlegt sein. Trotzdem: Der Ausflug war perfekt.
Wir brauchten 40 Minuten vom Auto bis zum Gipfel. Unten stand ein Schild:
Sportliche Leute schaffen es in 35 Minuten, normale in 45.
Ich würde uns ja eigentlich zu den sportlichen zählen, aber bei dieser Hitze waren die 40 Minuten echt top! Runter dauerte es fast länger, weil wir so aufpassen mussten.
Am Auto angekommen, zogen wir uns sofort wieder um. Damit uns ja niemand in unseren kurzen Klamotten sah.
Danach gönnten wir uns zur Belohnung eine Schokolade von der Tankstelle, um den Blutzucker wieder hochzubringen.
Dann ging’s direkt zur Mall, denn Kochen war heute keine Option. In der Food Hall fanden wir einen Inder, der unglaublich gutes Essen hatte. Für 20 € bekamen wir so viel, dass Kosi auch fürs Abendessen noch genug hatte. Und es war ausgesprochen lecker.
Anschließend machten wir noch einen kurzen Stopp im Supermarkt – Popcorn und Schokolade für den Abend mussten natürlich mit. Eine Wärmflasche für meinen Bauch hätten wir auch gerne gefunden, aber leider gab’s keine.
Am späten Nachmittag kamen wir schließlich völlig erledigt, aber glücklich in unserer Unterkunft an. Wir legten uns sofort ins Bett, um ein bisschen zu ruhen. Der Ausflug war definitiv anstrengender als gedacht, aber auch wunderschön.
Hier ein paar Infos darüber, wo wir heute waren:
Sa’al Stairs – 700 Stufen Richtung Himmel
Wenn man in Oman auf der Suche nach einem Abenteuer abseits der Touristenpfade ist, sollte man sich die Sa’al Stairs, auch bekannt als Sa’al Steps oder Jabal Khoneh, unbedingt vormerken.
Die Wanderung liegt etwa 30 bis 35 Kilometer von Muscat entfernt und führt über Hunderte von in den Fels geschlagenen Stufen hinauf auf einen kleinen Gipfel – mit einer Aussicht, die alles wieder gutmacht, was man unterwegs geflucht hat.
Der Aufstieg beginnt in der Nähe des Dorfes Sa’al, wo man sein Auto am Straßenrand oder auf einer kleinen, improvisierten Parkfläche abstellen kann. Von dort geht es zunächst über steinige, unbefestigte Wege bergauf. Der Weg ist nicht besonders gut ausgeschildert (aber es gibt auch keinen anderen wirklichen Weg) und der Einstieg kann leicht übersehen werden – besonders, weil die Abzweigung auf den ersten Blick gar nicht wie eine Straße aussieht.
Nach ein paar Minuten auf losem Untergrund beginnt das eigentliche Highlight: die Treppe, die dem Ort ihren Namen gibt. Rund 600 bis 700 Stufen führen in Serpentinen den Fels hinauf. Manche Stufen sind aus Beton, andere grob aus dem Gestein gehauen und nicht alle sind perfekt erhalten – was den Aufstieg durchaus spannend (und schweißtreibend) macht.
Der Höhenunterschied beträgt etwa 350 bis 400 Meter und man merkt ihn mit jeder Stufe. Der Weg ist kurz, aber intensiv. „Nur zwei Kilometer“, denkt man am Anfang – aber bei brütender Sonne, ohne Schatten und mit Rucksack auf dem Rücken, werden daraus schnell die längsten zwei Kilometer des Tages.
Oben angekommen, erwartet einen ein atemberaubender Blick über die umliegenden Berge und Täler, bis hinunter nach Fanja und weit hinaus in die Hajar-Berglandschaft. Der Moment, wenn man auf dem Gipfel sitzt, völlig verschwitzt, das Wasser in großen Schlucken trinkt und einfach nur still in die Ferne schaut – der ist unbezahlbar.
Das Schönste an diesem Ort: Es ist still. Keine Menschenmassen, keine Musik, keine Autos. Nur Wind, Sonne und das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Wenn man Glück hat, begegnet man vielleicht einer Ziege – ansonsten ist man dort ganz allein mit der Natur.
Praktische Tipps für alle, die hinwollen:
- Am besten früh am Morgen oder später am Nachmittag starten, um die Mittagshitze zu vermeiden.
- mindestens 1,5–2 Liter Wasser pro Person mitnehmen
- Gutes Schuhwerk– viele Stufen sind uneben oder ausgetreten.
- Sonnencreme, Kopfschutz und Snacks
Und übrigens – unser Projekt ist teilweise fertig! Morgen können wir euch endlich verraten, woran wir die ganze Zeit gearbeitet haben.
Bussi Baba,
Kosanni 💕
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