Tag 99: Cebu City (und die Armut)

Veröffentlicht am 10. März 2025 um 13:16

Nach einem kurzen Morgen-Workout begann unser Tag. Kosi durfte heute ausnahmsweise etwas länger schlafen – eine wohlverdiente Pause nach einer langen Nacht voller Fußballfieber. Bis halb drei hatte er noch das Sturm-Spiel geschaut und dementsprechend war er am Morgen kaum aus dem Bett zu bekommen. Doch gegen acht Uhr war Schluss mit der Gemütlichkeit – Zeit, loszulegen! Und falls ihr euch auch fragt, wie das Spiel ausging: 2:1 für Sturm 🖤🤍

Als erstes schnappten wir uns heute unsere gesamte Wäsche, die sich mittlerweile angehäuft hatte. Erstaunlich, wie viel Kleidung tatsächlich in zwei kleine Rucksäcke passt – und wie übel sie nach Tagen in tropischer Hitze riechen kann. Unser erster Stopp war daher eine Waschanlage. Für vier Euro gaben wir alles ab und sollten unsere Wäsche frisch duftend um 18 Uhr wieder abholen können. Und in der Zwischenzeit? Da folgte ein langer, intensiver Tag voller verschiedener Eindrücke – und 32.000 gesammelte Schritte.

Zwischen Luxus und Elend

Ohne genauen Plan spazierten wir los und tauchten schnell in eine Welt ein, die uns gleichermaßen faszinierte wie erschütterte. Schon nach wenigen Minuten fanden wir uns in Gegenden wieder, die von bitterer Armut geprägt waren. Die Straßen waren staubig, der Gestank überall, der Müll stapelte sich in den Ecken. Doch gerade, als wir dachten, dass dieser Weg ins Nichts führte, stand plötzlich ein riesiges, modernes Einkaufszentrum vor uns.

Drinnen funkelte und glänzte alles. Die Menschen waren schick gekleidet, schlenderten mit Einkaufstüten von Luxusmarken umher und gönnten sich in teuren Cafés ihren Nachmittagskaffee. Ein Schritt aus dem klimatisierten Inneren – und wir standen wieder mitten im Chaos, im Lärm, im Schmutz.

Es war unfassbar, wie nah diese beiden Welten beieinander lagen. Auf der einen Seite Hochhäuser, Büroangestellte in Anzügen, moderne Autos – auf der anderen Seite barfuß laufende Kinder, Essensreste auf dem Boden, Menschen, die ihre wenigen Habseligkeiten am Straßenrand ausbreiteten, um sie zu verkaufen.

Wir gingen weiter, immer tiefer in die Slums. Hier gab es keine richtigen Straßen mehr, nur noch enge, staubige Gassen. Der Boden war voller Müll, das Wasser in den offenen Kanälen war braun und zähflüssig. Und mitten in diesem Elend: das pure Leben. Kinder spielten lachend zwischen den Hütten, Männer saßen zusammen und grillten über offenen Feuern, alte Männer ruhten sich auf improvisierten Holzbänken aus.

Je tiefer wir gingen, desto mehr wurden wir beäugt. Kinder liefen uns hinterher, lachten und winkten. Erwachsene blickten uns eher fragend an – als wollten sie wissen, was wir hier überhaupt suchten. Und irgendwann standen wir an einem Punkt, an dem wir beschlossen, nicht weiterzugehen.

Vor uns lag eine schmale Gasse, kaum einen Meter breit. Links und rechts standen heruntergekommene Häuser, bei denen kein Fenster, keine Tür mehr vorhanden war. Die Wäsche hing an Stromkabeln, überall war Rauch in der Luft – Menschen grillten ihr Essen direkt auf den Straßen. Alle starrten uns an. Alles wirkte unhygienisch und heruntergekommen. Und zwischen zwei Häusern lag ein abgestandenes, stinkendes Wasserloch. Inmitten des Mülls, der dort trieb, lag ein toter Hund.

Genug.

Wir beschlossen, umzudrehen. In der Gasse saßen mindestens 20 Männer am Boden oder auf Holzklötzen und ihre Blicke waren für mich zu viel - ich fühlte mich richtig unwohl. Auch wenn uns niemand direkt bedrohte, war es kein Ort, an dem wir länger verweilen wollten. Also drehten wir um und nahmen einen anderen Weg.

Auf dem Rückweg wurden wir erneut von neugierigen Kindern begrüßt, die uns wie kleine Berühmtheiten empfingen. Ihre Offenheit war herzerwärmend, doch die Realität um sie herum war schwer zu ertragen.

Durstig suchten wir etwas Ruhe in einem kleinen Einkaufszentrum in der Nähe. Doch selbst dort fühlten wir uns unwohl. Hier war es nicht das Elend, sondern die Blicke der Einheimischen, die uns oder vor allem mir Unbehagen bereiteten. Weder freundlich noch feindlich, sondern einfach nur… aufdringlich. Wir waren hier offensichtlich eine Seltenheit.

Um unsere erschöpften Beine zu entlasten, beschlossen wir, uns eine Massage zu gönnen. Das Massagestudio wirkte zunächst unscheinbar, doch als wir Platz nahmen, bemerkten wir etwas Merkwürdiges: Alles Masseure trugen Sonnenbrillen.

Wir machten noch Witze darüber – bis wir realisierten, dass alle hier arbeitenden Masseure blind waren. Wir befanden uns in einem Studio, das blinden Menschen eine Arbeitsmöglichkeit bot. Und was sollen wir sagen? Die Massage war großartig! Es war eine wunderschöne Erfahrung, nicht nur für unseren Körper, sondern auch für unser Herz. Solche sozialen Projekte sollten viel mehr unterstützt werden!

Als wir das Zentrum verließen und Richtung Unterkunft gingen, fühlte es sich an, als hätte jemand einen Schalter umgelegt. Plötzlich waren die Straßen sauber. Die Bürgersteige breit und gepflegt. Die Gebäude modern. Die Menschen wohlhabender.

Die Grenze zwischen Arm und Reich war abrupt und unfassbar deutlich sichtbar. Es machte uns nachdenklich. Wie konnte so etwas sein? Warum wurde diese Armut einfach so akzeptiert? Und was könnten wir tun, außer zuzusehen? Leider aktuell nichts… 

 

Natürlich endete der Tag nicht, ohne dass wir erneut eine kulinarische Herausforderung meistern mussten. In keinem der Einkaufszentren fanden wir ein vegetarisches Gericht. Immer wieder wurden wir mit einem knappen „No“ abgewiesen. Erst in einem einzigen Restaurant bot man uns an, etwas Vegetarisches speziell für uns zuzubereiten – und das nahmen wir dankend an.

 

Erschöpfung und Nachdenklichkeit

Nach über 24 Kilometern Fußmarsch bestellten wir uns ein Taxi zurück zur Unterkunft – für 4 € ein echtes Schnäppchen. Gegen 19 Uhr kamen wir an, unsere Füße waren schwer, unsere Gedanken noch schwerer.

Die Philippinen sind wunderschön, ihre Strände paradiesisch. Doch heute haben wir wieder einmal die andere Seite des Landes gesehen. Die Seite, die man auf Postkarten nicht findet. Die Seite, die einem tief im Herzen bleibt.

Wenn wir an unsere traumhafte Bootstour zurückdenken, können wir kaum glauben, dass all das im selben Land existiert. Doch genau deshalb reisen wir so lange. Nicht, um uns drei Wochen lang in einem Luxusresort an weißen Stränden zu sonnen, sondern um das wahre Leben kennenzulernen – in all seinen Facetten.

Und egal, wie oft wir diese Armut sehen – sie berührt uns jedes Mal aufs Neue.

Ich habe euch unsere heutige Route bei den Bildern eingefügt, damit ihr einen besseren Eindruck davon bekommt, wo wir überall unterwegs waren.

Morgen ist dann wieder Kosi für euch da – freut euch darauf!

 

Bussi Baba,
Kosanni

 

PS: Ein riesiges Dankeschön an alle, die unseren Blog verfolgen, uns Nachrichten senden oder über meine Mama mit uns in Kontakt treten! Es bedeutet uns unglaublich viel zu wissen, dass so viele unsere Reise mitverfolgen und sich vielleicht sogar inspirieren lassen. Wir freuen uns über jede Nachricht, jedes liebe Wort und vor allem darüber, dass ihr Teil dieses Abenteuers seid. Danke, dass ihr uns begleitet – egal, ob aus der Ferne oder mit euren Gedanken. ❤️

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