Zuerst möchte ich mich ganz herzlich bei Kosi bedanken, dass er nun immer zwei Einträge hintereinander schreibt! Das ist eine große Hilfe.
Heute klingelte der Wecker bereits um 6 Uhr, denn wir hatten einen aufregenden Tag vor uns: Wir wollten die Chinesische Mauer besuchen! Ich hatte uns dafür einen Transport mit den öffentlichen Bussen gebucht. Bevor wir jedoch losfahren konnten, mussten wir einen längeren Fußweg zum Busbahnhof in Kauf nehmen.
Also machten wir uns fertig, packten alles ein und um 7:30 Uhr gings los. Da wir in China sind, hatten wir uns im Voraus eine E-Sim von „Saily“ gekauft, denn ohne Internet geht hier nichts! Allerdings muss ich sagen, dass das WLAN in unserer Unterkunft zwar funktioniert, aber wir haben keinen Zugriff auf WhatsApp oder Instagram. Sobald man den VPN einschaltet, schaltet sich das WLAN wieder aus. Auch die „Karten-Apps“ sind eine Herausforderung. Google Maps funktioniert überhaupt nicht und Apple Maps nur hin und wieder. Daher war es eine ziemliche Herausforderung für uns, den richtigen Weg zum Treffpunkt zu finden. Wie früher - alles nur mit Straßennamen.
Der Weg zum Treffpunkt sollte 40 Minuten zu Fuß dauern. Wir hatten geplant, unterwegs noch Frühstück und Snacks zu kaufen, aber das stellte sich als schwieriger heraus als gedacht. Die ersten 30 Minuten fanden wir weder ein Café noch einen Supermarkt. Dafür aber viele ältere Menschen, die sich in Parks versammelten und Spiele spielten: Federball, Handball oder einfach nur Dehnen. Es war schon interessant zu sehen, wie viele ältere Menschen in den Parks waren. Zu Hause sieht man fast immer nur die jüngeren Generationen in Parks.
Zusätzlich fanden wir einige öffentliche Toiletten. Doch als ich eine davon aufsuchte, kam das Schrecken. Alle öffentlichen Toiletten sind wirklich öffentlich. Es gibt weder eine Tür zum Zusperren noch Türen zwischen den Toiletten - seht selbst am Bild… Ziemlich komisches Gefühl.
Nach weiteren 10 Minuten kamen wir endlich am Treffpunkt an und zu unserem Glück fanden wir einen McDonalds und einen FamilyMarkt. Wir kauften Eier, Müsli, Karottensaft, einen McMuffin und Schokoriegel. Für das Frühstück und als Jause (viel blieb nicht mehr übrig als Jause).
Dann wurden wir auch schon von dem Tourguide empfangen. Die Fahrt zur Mauer dauerte circa 1 Stunde.
Während der Fahrt teilte uns unser Tourguide mit, dass wir eine denkbar ungünstige Woche für unsere Reise gewählt hätten. Die Chinesen haben nämlich zweimal im Jahr eine Woche frei, und zwar alle! Das bedeutet, dass in der Woche vom 1. Mai und 1. Oktober die Hölle losbricht. Wie unser Tourguide treffend bemerkte: „Da merkt man, was eine Bevölkerungsdichte von 1,3 Milliarden bedeutet!“
Normalerweise kann man bei der Mauer mit einer Rodelbahn fahren und verschiedene Attraktionen erleben, aber leider nicht in dieser Woche. Die Menschenmassen sind einfach überwältigend. Unser Tourguide riet uns sogar, in dieser Woche am besten einfach im Hotel zu bleiben, um einen Nervenzusammenbruch zu vermeiden.
Am Parkplatz angekommen, mussten wir aussteigen und auf unsere „Tickets“ warten. Wenig später kam unser Tourguide zurück und teilte uns mit, dass wir nun weitergehen könnten. Wir fragten uns, wo unsere Tickets seien, doch er grinste nur und erklärte, dass hier alles über den Personalausweis oder den Reisepass geregelt werde. Unser Ticket sei bei unserem Reisepass hinterlegt, und wir müssten ihn einfach nur scannen, um hineinzukommen. Diese Art der Ticketabwicklung war für uns neu, aber wir gewöhnten uns schnell daran.
Weiter ging es mit einem Shuttlebus zur Talstation. Von dort aus fuhren wir mit einer Gondelbahn – natürlich von Doppelmayr – zur Mauer hinauf. Die Wartezeit beim Shuttle und vor der Gondelbahn erspare ich euch hier. Wir brauchten fast drei Stunden, bis wir endlich oben ankamen, so lang waren die Schlangen. Nach dem effizienten Anstellsystem in Japan waren wir hier ziemlich verwöhnt. Aber hier? Hier gibt keiner Acht auf den Anderen. Alle drängeln, schupsen und stoßen einem aus dem Weg. Ganz nach dem Motto: Der Stärkere gewinnt.
Wir hatten uns auf der Mauer etwas Ruhe erhofft, doch leider wurde dieser Wunsch nicht erfüllt. Wir kamen kaum dazu, ein paar Schritte zu gehen, da sich die Menschenmassen stauten und nicht besonders klug verhielten. Obwohl es überall Einweiser gab, schien niemand etwas zu unternehmen. Entlang der Mauer gab es verschiedene Wege, die von Türmen unterbrochen wurden. Auf diesen Türmen musste man hinauf und dann über einen kleineren Weg wieder hinunter. Diese Herausforderung erwies sich für die Menschen als zu groß. Sie drängten sich so sehr, dass der Weg nach unten blockiert wurde. Alle wollten nur noch nach oben, ohne zu begreifen, dass niemand mehr nach oben gelangen konnte, wenn niemand nach unten ließ. Es dauerte über eine Stunde, bis wir den ersten Turm erreicht hatten. Zu diesem Zeitpunkt war klar, dass es kein Vergnügen mehr werden würde. Wir beschlossen, ein paar Fotos zu machen und dann wieder nach unten zu gehen. Wir suchten uns die ruhigste Ecke der Mauer und machten schnell ein paar Fotos. Als wir wieder nach unten wollten, stellte sich heraus, dass auch der Rückweg eine Katastrophe war. Zuerst standen alle noch ordentlich in einer Reihe, aber nach und nach begannen die Menschen, sich nach vorne zu drängen. Irgendwann reichte es Kosi, und er wurde richtig wütend. Er stellte sich in den Weg und erklärte lautstark (auf Englisch natürlich), dass wir alle in der Schlange stehen und alle nach unten gehen wollten. Leider verbesserte sich die Situation dadurch nicht. Stattdessen begannen die Menschen, ihre Kinder durch die kleinen Lücken zu schicken und sagten dann: “Ja, mein Kind ist schon vorne, ich muss ja zu meinem Kind.” Kosi war außer sich vor Wut, was sehr ungewöhnlich für ihn war, da er normalerweise der Ruhepol bei uns ist. Diesmal hatte er jedoch genug und ließ auch die Eltern nicht mehr vor. Sie mussten ihre Kinder zurück schicken, da niemand mehr vorbeikam. Kosi stand im Weg! Alle um uns herum starrten ihn verdutzt an. Anscheinend ließen die Chinesen normalerweise jeden vorbeigehen, ohne etwas zu sagen. Dass sich jemand widersetzte, war für sie neu.
Anfangs fand ich das Ganze noch amüsant und versuchte, Kosi zu beruhigen. Aber als die Menschenmenge anfing, mich zu schubsen, um weiter nach vorne zu gelangen (und dabei nur 50 Zentimeter näher kamen), war auch bei mir Schluss. Wir hatten überhaupt keine Bewegungsfreiheit mehr und es wurde richtig unangenehm.
Ich kann euch nur sagen: Einmal und nie wieder! Wenn ihr jemals die Chinesische Mauer besuchen wollt, denkt an die Feiertage!
Nach unserem kurzen Besuch fuhren wir mit der Gondel wieder nach unten. Wir hatten 10 Minuten Ruhe in der Gondel, bevor es wieder zum Anstellen für den Shuttlebus zurück ging. Auch hier herrschte wieder das gleiche Chaos wie oben. Ich verstehe nicht, warum sie keine Einweiser einsetzen, die das Ganze regeln. Die Menschen laufen kreuz und quer, gehen wie es ihnen passt. Und vor allem: Keiner achtet auf die Mitmenschen. Das Einzige, was sie wirklich stört, ist, wenn man durch ihre Fotos geht. Aber das passiert oft, weil sie überall Fotos machen.
Während wir auf die nächsten Busse warteten, gönnten wir uns noch schnell eine Pizza zur Stärkung. Aufgrund der Menschenmassen dauerte die Rückfahrt dann aber 2,5 Stunden statt einer Stunde. Im Bus angekommen, schliefen wir beide innerhalb von fünf Minuten ein. Der Kopf war einfach zu voll und wir waren nach diesem Tag einfach zu erschöpft. Es ist wirklich nicht angenehm, so herumzulaufen. Für alle, die uns auch auf Instagram folgen: Ihr habt es ja eh schon gesehen. Alle anderen sehen unten die Fotos. Falls jemand gerne Videos von den Menschenmassen haben möchte: Einfach melden, wir haben genug.
Um 17:40 Uhr stiegen wir endlich aus dem Bus aus und spazierten zurück zu unserer Unterkunft. Kosi hatte sich in der Zwischenzeit schon wieder etwas beruhigt. Eigentlich wollten wir uns noch den Lama Tempel ansehen, aber heute nicht mehr. Nach dem ganzen wollten wir nur noch zurück und uns ausruhen.
Auf dem Rückweg gönnten wir uns noch zwei Nudelboxen. Übrigens, wir waren in mehreren Lokalen und nirgends gibt es mehr Speisekarten. Man muss überall den QR-Code der Alipay-App scannen, dort das Essen auswählen und direkt bezahlen. Man braucht eigentlich nichts mehr, außer diese App. Ich finde das macht das Ganze sehr unsympathisch. Vielleicht seht ihr das anders, aber wenn ich schon höre, dass ich nur noch in der App alles auswählen kann, dann habe ich schon keine Lust mehr auf das Lokal. Ich möchte durch die Speisekarte blättern, Bilder ansehen und mit den Menschen reden. Und nicht alles nur am Handy machen.
Zurück in der Unterkunft legte ich mich ins Bett. Kosi wollte nochmal kurz raus, um etwas zu essen zu holen. Und er kam mit drei Nachspeisen zurück! Ich war im siebten Himmel. Was gibt es Besseres als Süßspeisen? Genau! Nichts. So saßen wir um 19 Uhr im Bett und aßen unsere Nachspeise.
Jetzt heißt es nur noch erholen und ausruhen vom heutigen Tag.
Bussi Baba,
Kosanni
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