Tag 153: Peking zu Fuß 🦶

Veröffentlicht am 3. Mai 2025 um 13:26

Nach dem anstrengenden Vortag wollten wir eigentlich mal richtig ausschlafen – das hatten wir uns verdient. Doch die Betten in unserer Unterkunft machten diesen Plan zunichte. Um halb sieben war ich bereits wach und konnte Kosi auch nicht länger schlafen lassen. Eine halbe Stunde später war er dann halbwegs munter, also stellte ich ihm meinen Plan für den Tag vor.

Ursprünglich hatten wir vor, zum Seiden- und Perlenmarkt zu gehen. Doch allein beim Gedanken an die Menschenmassen verwarfen wir die Idee gleich wieder. Auch Tempelbesichtigungen schienen heute nicht die beste Wahl zu sein. Stattdessen entschieden wir uns für einen Spaziergang durch die etwas ruhigeren, gehobenen Viertel mit Einkaufsstraßen. Ich hatte gelesen, dass es dort während der Ferienwochen etwas entspannter zugehen soll – also auf geht’s. Und wie immer zu Fuß. Laut Navi ein Spaziergang von etwa 1,5 Stunden – genau nach unserem Geschmack.

 

Unterwegs kamen wir an mehreren Cafés vorbei. Irgendwann war die Versuchung zu groß – also blieben wir stehen. Als ich jedoch zu bestellen versuchte, winkte der Kellner nur wortlos ab und zeigte auf einen QR-Code. Natürlich, wie sollte es auch anders sein? Wieder mal hieß es: App öffnen, Menü scannen, übersetzen, bestellen – alles digital. Der Kellner stand währenddessen einfach daneben und beobachtete mich. Ich bestellte also per Handy, zahlte gleich und ein zweiter Mitarbeiter bereitete im Hintergrund meinen Kaffee zu. Der Kellner reichte ihn mir am Ende nur noch – seine Hauptaufgabe war es offenbar, auf den QR-Code hinzuweisen.

 

Kleiner Appell an euch: Versucht, im Supermarkt oder Restaurant lieber zur bedienten Kasse zu gehen. Keine Selbstbedienungskassen 😉 Man merkt erst hier, wie sehr einem menschliche Interaktionen fehlen können – selbst bei so banalen Dingen wie dem Kaffeeholen. Hoffentlich bleibt uns das Zuhause noch eine Weile erspart.

Mit Kaffee in der Hand spazierten wir weiter, vorbei am National Art Museum of China und dem Chinese Museum of Women and Children, bis zum Ritan Park. Dort spielten ältere Menschen Brettspiele oder tanzten gemeinsam zu Musik.

Dann ging’s weiter zu den Einkaufszentren The Place und U-Town. Ich fand zwei richtig tolle lokale Modeläden – süße Kleidung und riesige Auswahl. Ein T-Shirt kostete nur 8 €. Zum Glück ist mein Rucksack voll, sonst hätte ich mich nicht zurückhalten können. Diesmal blieb’s also beim Schaufensterbummeln.

 

Während wir durch die Läden streiften, fiel uns etwas Seltsames auf: Viele Chinesen haben sehr schiefe und gelbliche Zähne, gleichzeitig sind die Frauen extrem geschminkt – oft sehr blass im Gesicht, mit dunklen Schatten unter den Augen, die sie bewusst betonen. Anscheinend ist das hier ein Schönheitsideal.

Kleine Facts:
In China gelten blasse Haut und große, ausdrucksstarke Augen als besonders attraktiv – sie symbolisieren Eleganz und Reinheit. Deshalb verwenden viele Frauen stark aufhellendes Make-up und zeichnen sich dunkle Schatten unter die Augen, um die Augen größer wirken zu lassen. Dieses „Aegyo-Sal“ (ein ursprünglich koreanischer Trend) soll Jugendlichkeit und Niedlichkeit vermitteln. Gerade jüngere Menschen orientieren sich oft an Idolen aus Popkultur und Social Media. Schöne Zähne hingegen haben in China kulturell eine weit geringere Bedeutung – Zahnästhetik ist kein stark verankertes Schönheitsmerkmal, zumindest nicht im Alltag oder in ländlicheren Gegenden. Und das merkt man hier total.

 

Was uns ebenfalls wunderte: In fast allen Ländern gab es bisher öffentliche WLANs, besonders in Einkaufszentren. Doch hier? Kein einziges frei zugängliches Netz ohne chinesische Telefonnummer. Man braucht für jedes WLAN eine SMS-Verifizierung – was für uns nicht machbar ist, da wir im Ausland kaum SMS empfangen können. Einmal habe ich versucht, meine österreichische SIM-Karte nur kurz zu aktivieren, um an einen SMS-Code zu kommen – Ergebnis: 110 € für sieben Nachrichten. Definitiv nicht wert.

 

In anderen Ländern reichten uns meist 3–5 GB E-SIM-Daten für zwei Wochen. Hier? Haben wir allein gestern 3 GB an einem Tag verbraucht – wegen Alipay, Maps und Übersetzungen. Diese Digitalisierung ist wirklich heftig.

Apropos Alltag: Eines der beliebtesten Snacks hier ist Fleisch – überall sieht man Leute mit Würsten am Spieß oder (für uns eher gewöhnungsbedürftig) einer Plastikpackung mit einem gekochten Ripperl, das unterwegs abgeknabbert wird. Für uns Vegetarier ein eher gewöhnungsbedürftiger Anblick. Sieht teilweise richtig eklig aus.

 

 

Aber zurück zum heutigen Tag: Nach den Shoppingmalls machten wir uns auf den Weg zur Wangfujing-Fußgängerzone. Eigentlich wollten wir noch zum Temple of Heaven oder ins Palace Museum, aber schon die Fußgängerstraße war eine Herausforderung – Menschen ohne Ende. Wir schlenderten ein bisschen herum, kauften uns frisches Obst und machten uns dann auf den Rückweg.

 

Zurück in unserer Straße, der South Luogu Lane, empfing uns wieder das volle Chaos: Menschenmassen, Lokale, Stimmengewirr – kein Durchkommen. Wir ließen uns einfach treiben, bis wir bei unserer Unterkunft ankamen. Dort fielen wir erstmal erschöpft aufs Bett – mit 26.000 Schritten in den Beinen. Und ja, das Gepäck müssen wir auch noch packen, denn morgen geht’s schon weiter.

 

Peking war spannend und auf seine Weise beeindruckend – aber auch extrem anstrengend. Die Menschenmengen, das Verhalten, die ständige Überwachung und Digitalisierung – nicht ganz unsere Welt.

Es war definitiv sehenswert, aber zwei volle Tage haben uns gereicht. Ich bin ehrlich froh, dass wir morgen weiterreisen.

 

Kosis Fazit: „Kann man sich mal anschauen, muss man aber nicht.“

 

Damit verabschieden wir uns – mit Gesichtsmasken im Gesicht, schweren Beinen und müden Köpfen.


Bussi Baba,
Kosanni

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