Wir sind ja wirklich keine Langschläfer. Aber was uns hier jeden Morgen passiert, das grenzt schon fast an eine Comedy-Show. Punkt fünf Uhr – also zu einer Zeit, in der man eigentlich höchstens die Vögel zwitschern hören sollte – legen die Bauarbeiter los. Und nicht mit Hammer und Nagel, nein, es klingt, als hätten sie den Presslufthammer direkt an unser Kopfende gestellt.
Das Ganze wird noch spannender dadurch, dass unser Schlafzimmer hinten keine richtige Wand hat – es ist alles offen. Bedeutet: jede Vibration, jeder Schlag, jedes Brummen dröhnt zu uns rein. Einmal haben wir noch versucht, einfach liegen zu bleiben. Aber ehrlich – wie soll man da schlafen? Als um kurz nach sechs Uhr plötzlich Stille einkehrte, kam kurz Hoffnung auf. “Ah, vielleicht Frühstückspause. Jetzt können wir wenigstens noch ein halbes Stündchen dösen…” – Nichts da. Keine zehn Minuten später startete das Höllen-Orchester von vorne.
Also gut, wenn wir schon wach sind, dann halt raus aus dem Bett. Gegen Viertel acht standen wir in unseren Laufsachen draußen – und ab die Post.
Wie üblich liefen Kosi und ich getrennt. Er nimmt sich sportlich eine ganze Stunde vor, während ich erstmal schauen muss, wie viel Lust und Kraft ich überhaupt habe. Zumal die Sonne schon gnadenlos herunterbrannte. Halb acht und ich keuchte, als würde ich gerade den Mount Everest hochrennen.
Und dann… mein allmorgendliches Kapitel: Die Massai. Ich weiß wirklich nicht, ob es nur meine Grund-Genervtheit ist oder ob die Herren tatsächlich von Tag zu Tag penetranter werden. Aber heute habe ich mal mitgezählt: In meinen 45 Minuten Lauf am Strand sind mir ganze elf Massai begegnet - also direkt begegnet (nicht nur in ein paar Metern Entfernung, nein aktiv bei mir). Elf! Manche liefen neben mir her und versuchten mir im Joggingtempo Schmuck anzudrehen (Stichwort Multitasking). Andere stellten sich mir einfach in den Weg, um mir ihre Tücher unter die Nase zu halten. Ich musste also nicht nur joggen, sondern auch noch Slalom laufen. Und wieder andere wollten einfach quatschen. Nett gemeint – aber nicht, wenn man nach Luft schnappt wie ein Fisch an Land.
Und als ob das noch nicht genug war, wurde ich kurz vor der Unterkunft auch noch von zwei Kitesurf-Anbietern „attackiert“. Kopfhörer rein, Musik laut, Blick stur nach vorne –half nichts. einer rief mir nach, lief neben mir her und packte mich sogar am Arm. Da war Schluss mit freundlich. Ich meinte nur: „Bitte, lass mich einfach. Ich kaufe nichts.“ Er fauchte kurz seinen Kollegen an, dann zogen beide weiter. Nervig bleibt’s trotzdem.
Zurück in der Unterkunft – dachte ich – würde es ruhiger werden. Falsch gedacht. Fünf Minuten nach mir kam auch Kosi vom Lauf zurück, schweißüberströmt. Wir beide standen im Bad, versuchten das Schwitzen irgendwie zu beenden (Spoiler: unmöglich bei dieser Hitze). Ich sprang kurz unter die Dusche, fühlte mich erfrischt und wollte gerade Richtung Küche, da ruft mir Kosi noch nach:
„Pass auf, ich hab so geschwitzt, der Boden ist überall nass und rutschig.“
Meine Antwort: „Jaja, passt schon…“ – und im selben Moment: Zack! Rutschte ich die zwei kleinen Stufen hinunter, knallte in den Tisch und lag wie ein nasser Sack am Boden. Nackt. Großartig.
Kosi hörte den dumpfen Aufprall und war sofort da. Sein erster Instinkt war natürlich, „Na siehst du, hab ich dir doch gesagt!“ rauszuhauen. Aber er biss sich auf die Zunge (danke dafür) und checkte stattdessen meine Hand und meinen Fuß. Kommentar: „Na super, dann können wir die nächsten Tage nicht trainieren gehen. Laufen kannst du auch vergessen.“Genau die Art Motivation, die man sich nach einem Sturz wünscht.
Im ersten Moment war mir eher nach Heulen, mittlerweile muss ich aber lachen. Denn so typisch. Mein Bebschi bleibt eben immer charmant – auf seine Art. War natürlich wichtig, das Training ;)
Fazit: rechtes Handgelenk vermutlich leicht geprellt, linker Knöchel dick, zweiter Zeh am linken Fuß wahrscheinlich angeknackst. Aber immerhin nix gebrochen, und Kosi hat mir sogar Eis organisiert. Immerhin.
So begann also unser Tag: mit Presslufthammer, elf Massai, einem beinahe-Kaufzwang-Kitesurfkurs und einer unfreiwilligen Bodenkontakt-Übung.
Nach meinem unfreiwilligen Stunt am Morgen brauchten wir natürlich erstmal eins: Frühstück – zur Beruhigung der Nerven und als kleine Belohnung fürs „Überleben“. Wie immer gab es unser Standardprogramm: Müsli, Obst, Eier und frisches Brot. Wir ließen uns heute besonders viel Zeit, schließlich tat mir der Fuß noch weh. Also saßen wir seelenruhig bis elf Uhr am Tisch, quatschten, aßen und tranken.
Irgendwann rissen wir uns aber doch zusammen, packten unsere Sachen und machten uns auf den Weg zum Strand. Handtuch in den Sand, Augen ins Meer – fertig. Einfach nur daliegen, Meeresrauschen, Sonne, Salz auf der Haut. Herrlich. Eineinhalb Stunden hielt ich durch, dann klingelte schon mein Termin mit Verena – Zeit fürs Telefonat. Also packte ich meine sieben Sachen und Kosi folgte mir.
Unser Ziel: unser Stammlokal, das kleine Kaffee um die Ecke. Und siehe da – nach so vielen Tagen erkannten uns die Kellner endlich wieder. Sie grinsten nur und fragten: „Das Übliche?“ – Natürlich! Wie gefühlt jeden zweiten Tag: ein Flat White mit Sojamilch und zwei Sodas mit Eiswürfeln und Limette. Wunderte mich wirklich, dass sie sich das merkten - die Arbeitsmoral ist ja eher… Pole Pole.
Während ich mit Verena telefonierte, vertrieb sich Kosi die Zeit mit seinem Handy und buddelte nebenbei ein bisschen im Sand – multitaskingfähig wie eh und je. Als wir fertig waren, war es schon 15 Uhr, und unser Magen knurrte (fast so laut wie die Baustelle am Morgen)
Also ging’s los zum Obststand. Ein bisschen Gemüse hier, ein bisschen Tomatensoße da – unser Einkaufszettel liest sich inzwischen immer gleich. Wieder zurück in der Unterkunft schnibbelten wir, kochten und aßen gemütlich auf der Terrasse.
Zwischendurch schauten unsere Katzenfreunde vorbei. Eigentlich süß, wie sie immer neugierig herumschnuppern. Nur schade, dass unser vegetarisches Menü offenbar so gar nicht in ihren kulinarischen Plan passte. Ein kurzes „Miau“, ein Blick voller Enttäuschung – und weg waren sie wieder.
Am Abend machten wir dann noch einen Abstecher ins „Fitnessstudio“. Danach holte Kosi auf dem Heimweg Eier fürs Abendessen. Voll motiviert legte er Brot und Eier schon auf den Tresen – bereit für den großen Hunger danach. Wir gingen beide schnell duschen und während ich gerade unter der Dusche stand, hörte ich plötzlich Kosís entsetztes Rufen.
Die Katze! Sie hatte tatsächlich das halbe Brot weggefuttert. Die Enttäuschung stand Kosi ins Gesicht geschrieben – man hätte fast denken können, er hätte gerade erfahren, dass Fußball dieses Jahr ausfällt.
Naja, den Rest des Abends machten wir uns einfach gemütlich. Quatschten, lachten, sprachen über dies und das. Es ist unglaublich, wie wir immer noch jeden Tag so viel Gesprächsstoff finden. Manchmal frage ich mich wirklich: Was reden wir eigentlich die ganze Zeit? Aber langweilig wird es uns definitiv nie.
Ein paar Gedanken…
Und jetzt mal ehrlich: Afrika – ich glaube, wir werden keine Freunde mehr. Ich kann mich einfach nicht damit anfreunden. Was mich besonders stört, ist dieses „Kamera-Lächeln“. Touristen bezahlen für Fotos mit Einheimischen, um danach stolz zu zeigen: „Schaut mal, das wahre Afrika!“ – und nach fünf Minuten verschwinden sie wieder in ihre klimatisierten Luxusresorts. Dieser Widerspruch macht mich wirklich traurig. Der Tourismus hier ist meiner Meinung nach völlig falsch aufgezogen. Alles müsste von Grund auf anders gedacht werden, aber ändern wird sich wohl leider nichts.
Und während ich mich so ärgere, kommt noch das nächste „Highlight“: unser Duft. Oder besser gesagt, der Gestank. Seid froh, dass ihr uns nicht riehen könnt!!! Stellt euch vor: zwei Monate keine richtige Waschmaschine, kein vernünftiger Waschsalon. Handwäsche funktioniert nur bedingt, weil das Wasser nicht warm wird und wir auch keinen großen Topf zum Einweichen haben. Einmal fanden wir sogar einen „Waschsalon“ – aber ehrlich: wer den gesehen hätte, hätte auch lieber weitergestunken.
Unsere Kleidung, vor allem die Sportsachen, riechen mittlerweile… nun ja, sagen wir mal: „individuell“. Jedes Mal, wenn jemand an uns vorbeigeht und frisch nach Waschmittel oder Parfum riecht, ist das für mich wie ein kurzer Ausflug ins Paradies. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder frisch gewaschene Kleidung auf der Haut zu spüren.
An dieser Stelle auch nochmal ein großes Danke an meinen Kosi für seine lieben Worte gestern. Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht. Ich bin so froh und dankbar, dass ich ihn an meiner Seite habe. Aber keine Sorge – heute gibt’s nicht schon wieder eine volle Dröhnung Gefühlsduselei, das reicht für eine Weile.
Also, genug für heute.
Bussi baba,
Kosanni
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